„Wer die in laufender Zeit fällig werdenden Zahlungen aus eigner Hand macht, ohne das zeitliche Eintreten von Einnahmen und Ausgaben vollständig reguliren zu können, muss andauernd einen »Kassen-Vorrath« und diesen in einer Grösse halten, mit welcher auch der ungünstigen Verumständung begegnet werden kann.“
„Wir geben uns der eitlen Hoffung nicht hin, daß die Lehren der Geschichte je von der Geschäftswelt so zu Herzen genommen würden, um eine Krisis zu vermeiden, und wenn wir die Maßregeln aufzufinden suchen, durch welche die Katastrophe verhütet werden könne, so geschieht es nur in der Erwartung, daß die Wirkung solcher Unglücksfälle in Zukunft wenigstens gemildert und vielleicht auch der Eine oder der Andere gewarnt werde, um sich rechtzeitig vor dem Schiffbruch in Sicherheit zu bringen.“
Die Ausführungen von Karl Knies und Max Wirth wurden vor dem Hintergrund der Börsenkrise in Wien 1873 geschrieben: Die Behandlung der Liquidität in Banken hat damit einen frühen Ursprung im deutschen Schrifttum. Sie war jedoch in den letzten Jahrzehnten durch die Auffassung geprägt, dass das Liquiditätsrisiko der Banken kein wesentliches Risiko für die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sei. Nach Stützel folgt die Liquidität der Bonität und nicht umgekehrt. Daraus wurde – und wird zum Teil immer noch – in der Bankpraxis abgeleitet, dass es keiner aufwändigen eigenständigen Steuerung der Liquidität bedürfe, sondern eine Konzentration auf das Bonitätsrisiko bzw. die nachhaltige Ertragskraft genüge. Die aktuelle Finanzkrise, die im Jahr 2007 ausbrach und sich auch mit Basel III weit über das Jahr 2011 hinaus auswirkt, lässt die prominente These von Stützel im neuen Licht erscheinen. Wie bereits die Börsenkrise von 1873 zeigen die aktuelle Bankenrettungsmaßnahmen sowie die damit einhergehenden Staatsschuldenkrisen, die Behandlung der Peripherieländer Europas als PIIGS-Staaten und das Verhalten der Ratingagenturen, dass das Liquiditätsrisiko in Banken generell als ein wesentliches, eigenständiges Risiko behandelt werden muss, weil andernfalls die Existenz und die Unabhängigkeit einer Bank bzw. Bankengruppe gefährdet sind, wenn es ihr nicht gelingt, Liquiditätskrisen wirkungsvoll aus eigener Kraft zu überwinden.
Seiten 203 - 234
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